E5 auf Abwegen, Tag 1: Oberstdorf – Spielmannsau – Kemptner Hütte – Bernhardseck

Strecke Busfahrt Oberstdorf-Spielmannsau: 11 km
Wanderstrecke: 15,3 km ab Spielmannsau
Wanderzeit: ca. 7 Std. in entspanntem Tempo mit Aussichtspausen und Jause auf der Kemptner Hütte
Aufstieg: 1395 m Abstieg: 573 m
Höchster Punkt 2205 m

Kurzbeschreibung:
Busfahrt von Oberstdorf nach Spielmannsau • Start der Wanderung von Spielmansau durchs Trettachtal, vorbei an der Materialseilbahn Kemptner Hütte • Aufstieg durch den Sperrbachtobel zur Kemptner Hütte • Brotzeit • Hinter der Hütte links auf den Weg Richtung Bernhardseck • Vorbei an Muttlerkopf und Großem Krottenkopf • kleiner Aufstieg durch eine kleine Klamm mit mäßiger Seilbefestigung, nichts für völlig Unbedarfte aber auch nicht anspruchsvoll • Weiter bis zur Rothornspitze, die an der westlichen und südlichen Seite umrundet wird (vor der Rothornspitze zweigt eine mögliche Alternative über den Gumpensattel ab, die ich nicht kennen gelernt habe) • Den Endspurt bildet ein panoramareicher Höhenweg mit leichtem Abstieg bis zur Hütte Bernhardseck

Die ersten Meter auf dem E5: Das Trettachtal

Das Abenteuer beginnt!

Früh morgens am 3. Juli geht die Reise dann endlich los: Frühstück im Hotel, noch ein paar Stullen geschmiert und die Wasservorräte gefüllt, dann den Rucksack geschultert und im Dunst der noch regennassen Straßen zur Busstation in Oberstdorf gelaufen. Der erste Bus des Tages ist meiner, schließlich habe ich eine doppelt so lange Etappe vor mir, wie die meisten E5-Wanderer an diesem ersten Tag. Die normale Route des ersten Tages führt mit dem Bus in das kleine Nest Spielmannsau, von wo es zu Fuß nach einer kleinen Wegstrecke durch ein beschauliches Tal gleich bergan geht. Das Ziel dieses Tages ist die Kemptner Hütte auf 1844 m Höhe. Für mich soll das nur die Vesperpause werden, von wo aus es auf dem ersten Abweg in Richtung Bernhardseck weitergehen wird. Obwohl ich früh dran bin und ich mit einem Sonntag nicht einen der üblichen Starttage ausgewählt habe, merke ich gleich, dass ich nicht allein unterwegs sein werde. Die Bergschulen sind zum Glück noch nicht unterwegs, da die 2,5-3 Stunden zur Hütte einen so frühen Start unnötig machen.

Aufstieg durch das Trettachtal

Von Spielmannsau geht es zunächst über die Alpe Oberau durchs Trettachtal. Mit seichtem Anstieg führt der Weg vorbei an der Materialseilbahn der Kemptner Hütte und unterhalb der Unteren Mädele-Alpe zum Sperrbachtobel. Spätestens hier merkt man, dass es doch langsam aber sicher immer weiter in die Höhe geht. Die Hänge zu beiden Seiten werden steiler und auch der Weg nimmt an Steigung langsam zu. Der Pfad, der hier der originale E5 ist, windet sich zielstrebig nach oben. Mal geht es über eine kleine Brücke über den Sperrbach, dann eine ganze Weile deutlich oberhalb des Baches vorbei an den Resten der letzten Schneefelder. Dann öffnet sich die enge Sicht der Sperrbachklamm und der Blick kann das erste Mal über Almen und Kämme schweifen. Und dann ist das erste Ziel in Sicht!

Die Kemptner Hütte

Die Kemptner Hütte thront auf einer Anhöhe in 1844 Metern Höhe in einer märchenhaften Bergkulisse und beflügelt den Schritt mit der Aussicht auf eine Brotzeit auf ihrer traumhaft schön gelegenen Terrasse. Bei Schinkenspeck und einem Radler ist es ein Genuss, die umliegenden Kämme und Gipfel zu bestaunen und die nachfolgenden Wanderer wie kleine Ameisen den ersten Anstieg meistern zu sehen. Während für viele hier bereits Endstation ist, um am nächsten Tag über die Obere und Untere Roßgumpenalpe den Abstieg nach Holzgau zu bewältigen, fixiere ich den dünnen Strich des Wanderweges, der kurz hinter der Kemptner nach links in Richtung Osten abbiegt und sich irgendwo in Richtung Großer Krottenkopf verliert. Das ist die erste Abweichung von der Hauptroute, die ich mir vorgenommen habe.

Blick zurück auf die Kemptner Hütte

Frisch gestärkt nehme ich sie dann auch kurz darauf in Angriff. Ab dem Moment, an dem ich diese Abzweigung nach links passiert habe, werde ich bis zu meinem Tagesziel, der Hütte Bernhardseck heute keinem Menschen mehr begegnen. Seit Verlassen der Hütte werde ich auch das Gefühl nicht los, beobachtet zu werden. Aus dem Augenwinkel nehme ich eine Bewegung hinter einem Felsen wahr und im nächsten Moment weiß ich auch, wer mich mit seinen Blicken verfolgt. Erst entdecke ich ein, dann zwei und dann eigentlich überall Murmeltiere, die meinen Weg Richtung Grad genau verfolgen und aufpassen, dass ich ja schön auf der mir zugestandenen Distanz des Pfades bleibe. Später auf der Strecke verringert sich bei einer kleinen Pause die Fluchtdistanz eines besonders mutigen Gesellen dann sogar einmal auf unter einen Meter.

Kurz hinter dem Oberen Mädelejoch öffnet sich ein neues Panorama

Bis zur Überquerung des Oberen Mädelejoches unterhalb des Muttlerkopfes habe ich einen grandiosen Blick von oben auf die Kemptner Hütte. Dahinter öffnet sich sofort ein neues Panorama in die Lechtaler Alpen. Weit oben am Hang bilde ich mir ein die ersten Steinböcke zu sehen. Ehrlicherweise kann ich aber nicht wirklich versichern, dass es nicht vielleicht auch Gams war. Die Abzweigung zum Großen Krottenkopf lasse ich links liegen und folge dem Weg unterhalb der Ramstallspitze in Richtung Rothornspitze. Eigentlich war der Plan, vor der Rothornspitze links die Abzweigung zu nehmen und über den Gumpensattel zu queren. Als ich aber bei einem kurzen Kontrollblick auf die Outdooractive-App merke, dass ich diese Gabelung wohl überlaufen habe, beschließe ich, dem Weg weiter um die Spitze herum in Richtung Jöchlspitze zu folgen. Der stetige Ausblick nach Süden entschädigt für den kleinen Umweg.

Kleine Kletterpartie auf dem Weg zum Bernhardseck

Eine kleine Kletterpartie durch eine Felsspalte sorgt für etwas Spannung, da die Stahseilsicherung offenbar zwar angefangen aber bislang nicht zu Ende gebracht wurde. Das Seil ist als Halt vorhanden, hat aber kaum Befestigungen. Nichts für vollkommen Ängstliche und auch nichts für Gruppen mit kleineren Kindern aber alles in Allem auch keine große Herausforderung, wenn man sich umsichtig bewegt.

Vom Panorama erschlagen: Die Lechtaler Alpen mit Mutte im Vordergrund

Hinter der Rothornspitze zweigt der Weg nach links Richtung Bernhardseck ab und führt den Rest der Etappe über eine ganze Kette von Satteln in einem traumhaft schönen 360° Panorama bis unmittelbar vor die Hütte. Mit der Ankunft am Bernhardseck bekomme ich dann auch sofort die Bestätigung, zumindest bis hierher alles richtig gemacht zu haben: Die kleine Unterkunft hat eine Handvoll Zimmer, eine schöne kleine Terrasse und ist ein totales Idyll. Neben mir sind heute noch 4 oder 5 andere Wanderer hier eingekehrt, während zur gleichen Zeit in der Kemptner Hütte wohl um die 300 Menschen ein gemeinsames Quartier teilen! Ich sitze zusammen mit einem netten deutschen Wanderer, der eine Tour abseits vom E5 vorhat, bei einem Bier und leckerer Leberknödelsuppe in der Abendsonne und genieße die Ruhe bei diesem Gedanken nicht doppelt, sondern gleich 300-fach. Der deutlich höhere Preis von knapp 50 Euro in der privaten Nicht-DAV-Hütte ist zwar im Vergleich heftig aber der Komfort eines eigenen, sehr gemütlichen Zimmers rechtfertigt ihn absolut. Für 21 Euro wäre alternativ auch ein Platz im Lager möglich gewesen. Nach fast 7 Stunden auf den Läufen war es den Luxus wert.

Für heute Endstation: Die Hütte Bernhardseck

Alles in allem war die Etappe natürlich deutlich länger als die Standard-Variante aber es war keine zu hohe Belastung für den ersten Tag und eine so schöne Strecke, dass der Weg nicht zu lang erschien. Alle mal besser, als den halben Tag herumzusitzen.

Kontakt Bernhardseck:
Armin Hummel
Untergiblen 14
A-6652 Elbigenalp
Tel./Fax +43 (0)5634/6218
E-Mail: info@bernhardseck.at 
Website: http://www.bernhardseck.at

 

E5 auf Abwegen, Tag 2: Bernhardseck – Bach – Madau – Württembergerhaus